Auf ein Treffen mit dem Franzl und der Queen
Die Begeisterung für Neuseeland hält bei uns weiter an, auch wenn das Wetter, wie es der April so mit sich bringt, nicht immer perfekt mitspielte. Und so richtete sich unser Reiseprogramm einfach den Witterungen nach. Bei Regenwolken und kühlen Temperaturen erkundeten wir Central Otago, „The Coast“ und die Marlborough Sounds in unserem wetterfesten giftgrünen Wohnmobil. An den wenigen warmen Sonnentagen stiegen wir zu Fuss in Neuseelands Höhen und genossen herrliche Ausblicke auf die Umgebung.
Mehrere tausend Kilometer Wanderwege durchziehen Neuseeland. Die schönsten acht, die «Great Walks», bestechen durch ihre herrlichen Naturlandschaften. Da alle «Great Walks» zwei bis fünf Wandertage dauern, mit saftigen Hüttenpreisen aufwarten (Proviant und Kochgeschirr müssen zudem noch mit hoch geschleppt werden…naja, vielleicht sind wir Schweizer ja auch von den Super-Angeboten der SAC Hütten verwöhnt 😉 und keine Rundtouren sind, entschlossen wir uns Neuseelands Wanderparadies in Tagesetappen zu entdecken. Kaum war schönes Wetter gemeldet, machten wir uns dann auch auf, den in Central Otago gelegenen Great Walk namens «Routeburn Track», einer der schönsten Wege des Landes, zu erkunden. Für den ultimativen Aussichtspunkt, den Conical Hill (1515 Meter über Meer), hiess es erst einige Stunden einem wunderschönen, türkisblau leuchtenden Bergbach entlang zu laufen…
…um danach rund 1000 Meter in die Höhe zu steigen. Eine Anstrengung, die sich allemal lohnte: Oben angekommen genossen wir einen fantastischen 360 Grad Ausblick auf die Berglandschaft. Die Aussicht bis an die Tasmanische See verpassten wir leider um einige Minuten: Bereits waren wieder Wolken aufgezogen, die «nur» noch freie Sicht auf die umliegenden Berggipfel gewährten.
Die Wettervoraussagen für die folgenden Tage liessen uns keine Freudensprünge machen: Regen, Regen und nochmals Regen, mit nur kurzen Aufhellungen zwischendurch. Und so legten wir in diesen Tagen einige Kilometer in unserem Campervan zurück, von Queenstown über Wanaka…
…an die wilde Westküste.
Der 400km lange Küstenstreifen ist mit 32’000 Einwohnern nur rar besiedelt. Der Ruf der hier Ansässigen ist jedoch legendär. Als Nachfahren früherer Goldgräber und Kohle-Bergarbeiter sind die «Coaster» wenig zimperlich, freiheitsliebend und zügellose Biertrinker. Wie direkt und wenig umschweifend der Umgang der Küstenbewohner ist, erfuhren wir, als unsere Autobatterie für einen kurzen Augenblick den Geist aufgab und wir den Pannendienst rufen mussten. Ruckzuck sass der Mechaniker, ein älterer, bulliger Kerl mit Bürstenschnitt, am Lenker, hebelte am Gas- und Bremspedal, fuhr in einer riesen Geschwindigkeit um die Häuser, ohne sich gross darum zu kümmern, dass im «Wohnbereich» des Campervans die losen Gegenstände nur so von links nach rechts und wieder zurück flogen.
Glücklicherweise gab es zwischen all dem Regen auch einige Sonnenstunden, die wir für kurze Sightseeing-Stopps nutzten. Erste Station waren der berühmte Fox- und der Franz-Josef-Gletscher (unten im Bild), dem „Franzl“. Seit James Cooks Besuch der Gletscher im Jahr 1750, haben sich diese bis heute um ganze 3km zurückgezogen. Und waren damit auch weit davon entfernt, bis fast ins Meer hinab zu reichen. So waren wir auch nicht völlig von den Socken gehauen, als wir in einem grossen Touristenpulk hoch zum Aussichtspunkt liefen. Die Schweizer Gletscher mögen es also ohne weiteres mit den Neuseeländischen aufnehmen.
Vielmehr beeindruckt waren wir von den Pancake Rocks: Felsen, die einem grossen Turm an Pfannkuchen ähnlich sehen. In tausenden von Jahren haben sich verschieden harte und weiche Kalksteinschichten übereinander gestapelt. Bis heute konnte jedoch noch keine Erklärung dafür gefunden werden, wie sich die Pancake Rocks als Türme aus dem Meer erhoben.
„Besucht die Pancakes an einem wilden Tag, und ihr könnt hautnah miterleben, wie Mutter Natur nach wie vor der Boss ist“, kündete unser Guide an. Eine Aufforderung, der wir gerne Folge leisteten 😉 Und ja, ein lautstarkes Rumpeln, Donnern und Zischen empfing uns schon von Weitem. Die Felsformationen sind von riesigen Höhlen untergraben, sogenannten Blowholes, durch die das Meereswasser spektakulär in meterhohen Fontänen hochschoss.
Von der Westküste ging es schliesslich hoch zum Nordzipfel der Südinsel, zur golden Bay, genauer gesagt zur riesigen Sandbank Farwell Spit.
Die Landzunge ist insbesondere für Vögel ein bedeutendes Naturschutzgebiet. Über 90 Vogelarten nennen die Sandbank (vorübergehend) ihr zu Hause. Tausende von Wattvögel verbringen den Neuseeländischen Sommer hier und ziehen nun, sobald der Winter einbricht, wieder die 12’000 km zurück nach Sibirien. Einer davon ist der Austernfänger, der mit seinen knallroten Augen und seinem knallroten Schnabel nicht zu übersehen ist…
Ebenfalls staunten wir auf unserem Spaziergang der Küste ab den Trauerschwänen, kohlrabenschwarz gefiederte Schwäne, die in grosser Anzahl auf dem Meerwasser schaukelten. Ein wunderschöner Anblick…
Auch an der Golden Bay liess uns das Regenwetter nicht sesshaft werden und so nutzten wir den Schlechtwettertag für eine Überfahrt zu den Malborough Sounds. Kaum losgefahren und den Wegweiser zu den Te Waikoropopu Quellen passiert, blitzte die Sonne zwischen den dunklen Regenwolken hindurch. Quietschend legten wir uns in die Kurve, um das kurze Wetterhoch für einen Besuch der grössten Quellen Neuseelands zu nutzen. Mindestens 16 Süsswasserquellen sprudeln an diesem für Maori heiligen Ort an die Erdoberfläche. Glasklares Wasser liess uns in eine türkisblaue bis hellgrüne Unterwasserwelt blicken, während Schmetterlinge auf der Seeoberfläche in der Sonne tanzten und kleine Vögelchen nach Insekten Jagden. Einfach nur paradiesisch…
Einige Stunden später erreichten wir die Malborough Sounds. Diese Ecke der Südinsel ist gekennzeichnet von hunderten von kleinen Buchten, Inseln und Halbinseln. Endlich liess sich hier auch wieder mal die Sonne blicken, als wüsste sie, dass ein grosser Feiertag, Rogers Geburtstag, anstand 😉 Diesen genossen wir mit einem herrlichen Wanderausflug auf den Mount Stokes mit atemberaubendem Ausblick auf den majestätisch, unter uns liegenden Queen Charlotte Sound…
…und einem «Dinner» in einer Hafenkneipe in Picton.
Nach rund einem Monat Entdeckungsreise auf der Südinsel hiess es Abschied nehmen. Schliesslich möchten wir uns auch noch genug Zeit lassen für die Entdeckung der Nordinsel. Und wie es der verkehrten Welt in Neuseeland entsprechend ist, beginnt hier nicht nur der Winter im April, sondern wartet die Nordinsel im Winter auch mit gemässigteren Temperaturen auf als die Südinsel. Mit einer grossen Vorfreude auf mehr Sonnentage schifften wir in einer dreistündigen Fahrt durch den Queen Charlotte Sound und weiter übers offene Meer auf die Nordinsel über.