Das Abenteuer hat begonnen
Die Anreise von Kathmandu nach Jiri war bereits ein Ereignis für sich. Überraschend komfortabel startete die Hinfahrt: Wir nahmen Platz auf gut gepolsterten Sitzen, fuhren über schön geteerte Strassen und aus den Lautsprechern ertönte meditative nepalesische Musik. Doch je länger die Fahrt dauerte, umso erlebnisreicher wurde sie – und gab uns damit gleich einen Vorgeschmack auf das, was uns die darauf folgenden Trekkingtage erwarten sollte.
Kurz nach Kathmandu endete die Sonntagsfahrt in das fern gelegene Jiri. Nepalesen mit Hühnern in Kartonschachteln stiegen ein und weil bald auch kein Stehplatz mehr frei war, wurden die letzten Passagiere aufs Dach verfrachtet. Zudem liess uns die holprige Strasse immer häufiger aus den Sitzen hüpfen und die Köpfe an der Decke anschlagen. Trotz der langen Fahrt war die Reise im Nu vorüber. Neben eindrücklichen Landschaftsbildern faszinierte uns auch der Umgang der Nepalesen untereinander. Ein wildfremder Junge kraulte einem Mädchen, das sich vor lauter Reisekrankheit nur noch übergeben musste, aufmunternd den Nacken und schnürte sorgfältig Säckchen um Säckchen zusammen.
Von Jiri aus starten wir unseren ersten Trekkingtag nach Shivalaya. Eine rund dreistündige Tour mit «nur» 400 Höhenmetern zu bewältigen erwies sich als optimale Einstiegsroute und gab uns einen ersten Eindruck vom Trekking in Nepal: Wanderungen über sich steil hinauf und hinabwindende Steintreppen und -pfade. Von Shivalaya trekkten wir weiter nach Bhandar, schliesslich nach Sete, es folgte Junbesi, von da nach Nunthala, hoch nach Buspa und weiter bis nach Lukla. Während den letzten sieben Trekkingtagen hatten wir jeweils rund 1000 bis 1500 Höhenmeter zu bewältigen. Eine Anstrengung, die uns vieles lehrte und uns aufzeigte, wie uns der westliche Lebensstil verwöhnt:
1. Trekking in Nepal ist kein Zuckerschlecken und die perfekte Schule für mehr Einfachheit im Leben…
2…so schleppten wir, trotz unserer Meinung nach simplem Packen, viel zu viel unnützes Zeug mit. Schnell stellte sich heraus, dass wir viel weniger benötigen als gedacht.
3. Um von A nach B zu kommen gibt es nur ein Fortbewegungsmittel – die Füsse. Sowohl für uns Touristen wie auch für die Bergbevölkerung Nepals. Ob zur Schule oder Lebensmittel einkaufen gehen, es heisst immer steil hoch- und wieder hinunter zu steigen…
4. Während wir uns top ausgerüstet mit Bergschuhen und Wanderstöcken immer nur Schritt für Schritt, Steintreppe für Steintreppe vorwärts bewegen, flitzen an uns schwer beladene Nepalesen in Stoffschuhen, Gummistiefeln oder einfachen Schlappen vorbei.
5. Für eine Katzenwäsche mit warmem Wasser oder für eine warme Mahlzeit müssen wir immer genug Zeit einrechnen. Hier passiert nichts auf Knopfdruck: Erst hiesst es Holz holen, dann das Feuer entfachen und schliesslich warten, bis das Wasser warm oder der Reis gekocht ist.
6. Und für einen warmen Schlaf braucht es entweder eine Schale voll Glut mit Restwärme, oder das Hineinkriechen in den Marmot-Schlafsack.
Unsere Mühen wurden aber auch mit unvergesslichen Begegnungen belohnt. Eine Bauernfamilie servierte uns auf der Höhe eines Passes ein stärkendes Dahl Bhaat und liess uns am Feuer aufwärmen. Der Bauer liess zudem keine Ruhe, bis Roger nicht jedes einzelne Tierchen auf dem Hof photographisch festhielt.


Auf 3600 Meter Höhe bewirtet ein elfjähriger Junge im Alleingang eine Hütte. Im Nu bereitete er uns Fried Rice zu und fand neben dem Kochen auch noch die Zeit, am Fernsehen Ninja Riders zu schauen…

Und bei einem Abstecher in ein tibetisch-buddhistisches Kloster konnten wir einer «puja», einer Gebetszeremonie beiwohnen. Dabei werden hymnenartige Sprechgesang immer wieder durch scheppernde, dröhnende und schnarrende Ritualmusikeinheiten unterbrochen – um die betenden aus den Alltagssorgen zu reissen.

Neben den Nepalesen und ihrer Kultur beeindruckten uns auch die abwechslungsreichen Landschaften, durch die wir wanderten. Auf verwunschene Tropenwälder mit Moos und Farnen überwachsenen Bäumen, erwarteten uns in der Höhe karge, mit einigen Tannen bewachsene Wiesen und je tiefer wir wieder hinabstiegen, säumten Reisfelder in sattem Hellgrün unseren Weg.

Und immer wieder konnten wir bei klaren Verhältnissen unseren Blick in die Ferne schweifen lassen, wo imposante, weisse bepuderte Bergspitzen in den blauen Himmel ragten.

Nun geniessen wir hier in Lukla einen wohlverdienten Ruhetag und freuen uns auf die «Drei Pässe Route», bei der wir den imposanten «Himalayans» ein Stück näher rücken werden…